Zwischen Stelzenwald und Kantsteinstrand Urbaner Spaziergang unterwandert Schandfleck im Bremer Westen

Zwischen Stelzenwald und Kantsteinstrand
unterwandern

Im Rahmen des Untertage Festivals 2006 (siehe Pressemitteilung -unten-) unterwandern wir Bremen!
Das historische Ensemble der Bremer Innenstadt und die spektakulär inszenierten Neubauten an der Peripherie bilden die Motive auf den Ansichtskarten von Bremen.
Unsere Stadtplaner und Politiker sprechen gerne von ihnen als Leuchttürme, die sich aus der Stadt erheben, die Fortschritt und Tatkraft symbolisieren und die positiv auf ihre Umgebung und die Bürger Bremens ausstrahlen. Im Schein dieser Leuchttürme fließen Aufmerksamkeit und Investitionen, im Schutz ihres Lichts fühlen sich die Bewohner und Besucher der Stadt sicher.

Dieser Stadtspaziergang lädt dazu ein, einen Blick in die dunklen Ecken Bremens zu werfen und sich in die Schatten der Stadt zu begeben. Abseits der Lichter und insbesondere abseits der Wahrnehmung führt er uns hinter die erleuchteten Fassaden und unter die ausgetretenen Wege. Aus der Perspektive des Spaziergängers werfen wir den Blick auf vernachlässigte und vergessene Orte, im Tempo des Fußgängers wird der Weg inmitten der wuchernden Verkehrsinfrastruktur zurückgelegt.

Datum: Freitag, 24.11.2006 und Sonntag, 26.11.2006
Startort: Ausgang Findorfftunnel, Findorffstrasse|Ecke Friedrich-Rauers-Strasse
Zeit: jeweils um 18.00Uhr Dauer ca.1-2 Stunden

AAA - Autonomes Architektur Atelier in Bremen
 Oliver Hasemann oliver.hasemann(bei)googlemail.com
 Daniel Schnier daniel.schnier(bei)gmx.de 
Alexander Kutsch aliku(bei)web.de

Pressemitteilung Unterwandern
Zwischen Stelzenwald und Kantsteinstrand
Urbaner Spaziergang unterwandert Schandfleck im Bremer Westen
Dröhnend rauscht der Schwerlastverkehr von allen Seiten an einem vorbei, triste Betonbauten bilden das Panorama soweit das Auge reicht. Fußgänger verirren sich nur unfreiwillig auf die Hochstraße am Breitenweg, für viele Bremer ist sie alleine dem motorisierten Individualverkehr vorbehalten, auch der straßenbegleitende Fahrradweg zwischen dem Hauptbahnhof und Walle ist nur spärlich benutzt. Am Nordwestknoten in Utbremen ballt sich der betonierte Mobilitätstraum der modernen Gesellschaft, massive Straßen- und Eisenbahnbauten zerschneiden hier das Stadtgebiet und trennen die Innenstadt von den Häfen und den Arbeiterstadtteilen Walle und Gröpelingen ab. Eine Mauer erhebt sich hier als Barriere aus Beton und Eisen und bildet die Grenze zu den wilden und ehemals verruchten Hafenrevieren. Noch weiter untermalt wird der Charakter einer Grenzlandschaft durch die ständige Beleuchtung der Verkehrskörper, die den Ort in eine gespenstische, menschenleere Licht- und Schattenwelt tauchen und den vereinzelten Besucher im Fokus ihres hellen Scheins präsentieren.
Im Rahmen des Untertage-Festivals hat das AAA, das Autonome Architektur Atelier in Bremen, einen Spaziergang erarbeitet, der die Teilnehmer zu einer Begegnung mit diesem Konfliktraum einlädt. Auf dem Weg zwischen dem Ausgang des Findorfftunnels und dem historischen Focke-Garten an der Weser wird der Spaziergang bewusst als Form des Raumerlebnisses genutzt, die dem Teilnehmer die Möglichkeit gibt, den Verkehrsknotenpunkt als Ort der Geschwindigkeit aus der Perspektive der relativen Ruhe zu erleben. Am eigenen Körper kann er hier die Gewalt und Brutalität spüren, die vom Straßenraum ausgeht. Lärm, Schmutz und optische Reize stürzen auf ihn ein und vermitteln ein Bild der Lebensfeindlichkeit. Bestandteil des Spaziergangs sind aber auch die überraschend stillen Orte, die sich im Schatten der Straße finden lassen. Kleine Oasen, die sich Anwohner selber geschaffen haben oder die sich abseits der Wahrnehmung in kleinen Nischen bilden konnten.
Es werden somit viele ambivalente Orte gezeigt und insbesondere Perspektiven und Blickpunkte eröffnet, die es dem Betrachter selbst überlassen sich eine eigene Meinung von einem Ort zu bilden.

Die Konzeption und Begleitung des Stadtspaziergang erfolgt durch die Dipl.-Ing. der Architektur, bzw. Raumplanung, Daniel Schnier, Alexander Kutsch und Oliver Hasemann. Als qualifizierte Experten für die bebaute Umwelt und die Auswüchse öffentlicher Planung hat sich das Projekt Stadtspaziergänge aus ihrem privaten|beruflichen Interesse entwickelt. Ganz im Gegensatz zu den üblichen Stadtführungen, die zu den sogenannten schönen Orten führen, sollen ihre Stadtspaziergänge den Besucher zur Wahrnehmung ihm bislang unbekannter oder nicht wahrgenommener Orte in der Stadt einladen. Die Organisation eines Stadtspaziergangs im Rahmen des Untertage-Festivals unterstützt den Gedanken einer kostenlosen Einladung an alle Bremer Bürgerinnen und Bürger, um an der Kreativität und der Schaffenskraft innerhalb der Stadt teilzuhaben.
Oliver Hasemann

Text: Oliver Hasemann, Titel: Oliver Hasemann, Foto und Einladung: Daniel Schnier