Bricolage Plantage (Plantage 9 e.V.) in Findorff

Der Straßenname Plantage erinnert an eine Stätte, an der einst vornehme Bremer ihre Sommerfrische in exotischen Gartenanlagen genossen. Doch der Wandel von landwirtschaftlichen Nutzflächen in einen exklusiven Freizeitraum mit Orangerien war nur einer der Bedeutungs- und Nutzungswandel, die sich an diesem Ort vollzogen haben. Im 19. Jahrhundert entstanden an der Plantage neben Industrie- und Gewerbeanlagen auch Eisenbahner- wohnungen; später, nach den Zerstörungen im Krieg, wurde das Gewerbe nur teilweise wieder aufgebaut und heute, wo einige traditionelle Betriebe das Areal verlassen haben, verändert sich wieder die Nutzerstruktur der Plantage und damit auch ihr Aussehen. Mit dem Auszug der Firma Domeyer eröffnete sich der Stadt Bremen die Möglichkeit eines Ankaufs des Grundstückes Plantage 9 samt Gebäude, um nach dessen

Abriss mit dem Bau einer Straße das gesamte Areal zwischen Plantage und Admiralstraße kleinräumiger zu erschließen. Da das Gebäude in einem sehr guten baulichen Zustand ist und ein Datum für die Abrissarbeiten unbestimmt ist, bietet sich in der Zwischenzeit die Möglichkeit einer Zwischennutzung. Diese wird das Gebäude in seinem guten Zustand erhalten, das Gebiet entlang der Plantage beleben und es bietet vor allem 30 Raumsuchenden einen Platz, um verschiedenste Ideen und Projekte zu realisieren.

Umgesetzt und betreut wird diese Zwischennutzung im Rahmen der ZwischenZeitZentrale Bremen, die im gesamten Bremer Stadtgebiet Zwischennutzungen unterstützt und umsetzt. Um die Nutzung der Plantage 9 unter dem Projekttitel „Bricolage Plantage“ überhaupt zu ermöglichen, erfolgte die Anmietung des Gebäudes durch das AAA-Autonome Architektur Atelier für ein Jahr als Hauptmieter.

Die Frage, ob sich für dieses sehr heterogene Gebäude mit Büro-, Lager- und Werkstattflächen auch geeignete und ausreichend viele NutzerInnen finden würden, konnte von uns sehr schnell positiv beantwortet werden. So gibt es eine große Nachfrage nach Räumen in „Gebrauchszustand“, von uns als „2nd Hand Spaces“ bezeichnet, in Bremen, die sich aus verschiedensten InteressentInnen zusammensetzt. Sehr optimistisch machten wir uns von daher im Frühjahr 2010 auf die Suche nach einer Nutzergemeinschaft, die pfleglich mit dem uns anvertrauten Gebäude umgeht und die auch über das eine Jahr hinaus das Interesse und das Engagement zeigt, die Nutzung weiterzuführen. Innerhalb der ersten Monate nach dem offiziellen Einzug in das Gebäude am 1. Juli 2010 ist es uns gelungen, einen Großteil der Flächen unterzuvermieten. Dabei legten wir großen Wert auf eine ausgewogene Mischung von NutzerInnen mit unterschiedlichen Nutzungen und einem unterschiedlichen Grad der Professionalisierung.

Die Begleitung der Nutzergemeinschaft hin zu einer weiterlaufenden Nutzung der Plantage 9 in den kommenden Jahren als einem lebendigen Anlaufpunkt in einem sich verändernden Quartier sehen wir jetzt als unsere Hauptaufgabe. Neben der Unterstützung in akuten Fragen der Instandhaltung und Organisation des alltäglichen Miteinanders sind es vor allem Fragen der rechtlichen Formierung der NutzerInnen und der Begleitung des Verhandlungsprozesses mit der WfB als Eigentümerin des Gebäudes, in denen wir das Projekt Plantage 9 unterstützen. Aus unserer Sicht ist es wichtig für Bremen, dass es einen Raum wie die Plantage unterstützt, in dem sich kreative Ideengeber an ihren Projekten erproben und das (Wirtschafts)leben in der Stadt bereichern können. Dies gilt um so mehr, als mit der Plantage ein bislang leerstehendes städtisches Potential genutzt wird.

Daher sind wir auch über die gute Zusammenarbeit mit der Wirtschafsförderung Bremen erfreut, die uns nicht nur die Plantage 9 anvertraut hat, sondern uns auch in technischen Fragen, der Vertragsgestaltung und in der Promotion des Gebäudes unterstützt hat. Gerade mit Blick auf die vorhandene Nachfrage nach 2nd Hand Spaces als Räumen in „Gebrauchtzustand“ für erste Ideen und Projekte, freut es uns, dass wir mit der WFB einen Partner gefunden haben, welcher der Idee von Zwischennutzungen gegenüber aufgeschlossen ist und das Potential leerstehender Gebäude mit dem Potential raumsuchender Kreative zu verbinden hilft.

Daniel Schnier und Oliver Hasemann für die ZZZ-ZwischenZeitZentrale Bremen / das AAA-Autonome Architektur Atelier (Betreuer und Ermöglicher).

Die ZZZ-ZwischenZeitZentrale Bremen ist ein Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Trägerschaft des Senators für Wirtschaft und Häfen in Kooperation mit dem Senator für Bau, Umwelt, Verkehr und Europa und der Senatorin für Finanzen. Umgesetzt wird die ZZZ-ZwischenZeitZentrale Bremen vom AAA-Autonomen Architektur Atelier mit Sarah Oßwald und Michael Ziehl (2009-2012).

Konzept Plantage 9 (Bricolage Plantage)

Die Idee:

Die Bricolage Plantage bietet in einem sich entwickelnden Cluster einen Raum für freie Ideen, für Start-Ups, für Künstler_Innen und für Bastler_Innen im besten Sinne. In einem ehemaligen Gewerbegebäude mit unsicherer Zukunft entstehen gemeinschaftliche Werkstätten, Ateliers und Büros. Kurze Wege zu weiteren Unternehmen der Kreativwirtschaft (Medienplantage), Kultureinrichtungen (Güterbahnhof, Zucker Club) und in die Innenstadt machen sie zu einem attraktiven Arbeitsort. Das Miteinander unterschiedlichster Professionen lässt hier im besten Sinne eine Ideenplantage entstehen.

Das Gebäude :

Das ehemalige Betriebsgebäude der Firma Domeyer in der Plantage 9 stellt einen Gewerbeleerstand in Besitz der Stadt Bremen dar. Aufgrund der unklaren weiteren Nutzungen des Geländes, es wurde für den Bau einer Straße angekauft, erscheint eine konventionelle Nutzung des Areals wenig erfolgsversprechend. Eine Zwischennutzung dieses Areals mit Büros, Werkstätten und Ateliers bietet sich aufgrund der vorhandenen Räumlichkeiten förmlich an. Die großen Lager- und Werkstatträume lassen hierbei die Nutzung in Gemeinschaft sinnvoll, wenn nicht sogar zwingend erscheinen. Auch für die Büros sind Konzepte des Co-Working, also der flexiblen und temporären Nutzung als Büroraum, denkbar. Für Besprechungen und Präsentationen oder für Konferenzen und Veranstaltungen im größeren Rahmen sind ebenso Räume vorhanden, wie es auch eine Kantine gibt, in der eine Versorgung der ZwischennutzerInnen gewährleistet werden kann.

Die Räume:

Bürobereich: 6 Büros (geschlossen Büros für einen Mieter oder auch als Co-Working denkbar)
Lagerbereich: Als Gemeinschaftsatelier denkbar, teilweise auch für Bildhauer geeignet
Werkstätten: Gemeinschaftswerkstatt mit angeschlossenen Lagerräumen, durch Garagentore ebenerdig auch für Lieferverkehr erreichbar, außerdem Lackierraum vorhanden
Kantine: mögliche Kantine und/oder Café, auch für die Nachbarschaft
Konferenzraum: Konferenz- und Ausstellungsräume sind im ehemaligen Konferenzraum und im Verkaufsraum denkbar, als auch ein Atelierraum

Nutzung:

Es besteht ein großer Anteil an gemeinschaftlich nutzbaren/zu nutzenden Räumen (eventuell mit abschliessbaren Fächern/Schränken oder der Möglichkeit, Räume abzugrenzen), die ein gutes Verständnis zwischen NutzerInnen notwendig machen und Nutzungen ausschließen, deren Emissionen andere Nutzungen ausschließen. Insbesondere die großen Lagerflächen im Erdgeschoss und die Werkstätten im Keller sind auf diese Nutzerinnengemeinschaften ausgelegt. Gerade die Büroräume im Erdgeschoss und mehrere Lager- und Werkstatträume im Keller sind hingegen komplett vermiet- und nutzbar. Mit der Kantine und dem Konferenzraum gibt es zwei Räume, die in ihrer Nutzung sehr festgelegt und schwer in anderer Form nutzbar gemacht werden können. Besonders schwierig stellt sich die Nutzung des ehemaligen Verkaufsraums dar. Dieser dient zugleich als Flurfläche und es von daher nur für öffentliche Nutzungen zu gebrauchen.

NutzerInnen:

Die zukünftigen NutzerInnen der Plantage kommen den Bedingungen der Räumlichkeiten geschuldet aus einem breiten Spektrum. Dieses reicht von herkömmlichen Büronutzung bis zur klassischen Atelier- und Lagernutzung. Um allerdings einen tragfähigen Zusammenhalt der NutzerInnen herzustellen, ist es sinnvoll, eine gemeinsame, auch inhaltliche Basis der NutzerInnen zu berücksichtigen. Dies bezieht sich vor allem auf die Art der Nutzungen, die sich vor allem um den Kreativbereich beziehen soll. Hier gibt es eine fließende Grenze zwischen Kunst, Kultur und Wirtschaft, die inhaltlich Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte abdeckt. Besonders attraktiv sollte die Bricolage Plantage insbesondere für jene Kreative sein, die sowohl auf Computerarbeits- als auch Werkstattplätze angewiesen sind. Mit dem vorhandenen Präsentations-/Verkaufsraum ist zudem ein Raum vorhanden, in dem die eigenen Ergebnisse präsentiert werden können.

InteressentInnen:

Momentan bestehen von seiten der ZZZ/AAA Kontakt unter anderem zum Chaos Computer Club (CCC) in Bremen, der auf der Suche nach einem Hackerspace mit Werkstatt ist. Ebenso sind verschiedene Künstlerinnen an das ZZZ herangetreten, die insgesamt einen Großteil der vorhandenen Atelierplätze nutzen würden. Dazu kommen die Anfrage von AbgängerInnen der HfK, einem jungen Unternehmen aus dem Multimediabereich und ein Fotobearbeitungsstudio, die ebensfalls in nennenswerten Umfang Räume suchen. Mit der Idee eines Workshops für die Entwicklung der Bricolage Plantage im Rahmen der Konferenz „2nd hand Spaces" wird ein weiterer Schritt in Richtung Nutzung des Gebäudes vorbereitet. Darüberhinaus gibt es eine stabile Nachfrage nach Atelierplätzen und Werkstätten, die sich bei einem konkreten Angebot zu Wort meldet.

Vernetzung mit der Nachbarschaft

Die Plantage 9 ordnet sich in ein Quartier ein, dass sich in einem städtebaulichen Umstrukturierungsprozess befindet. Neben Gewerbebetrieben und Werkstätten, befinden sich hier sehr unterschiedliche Nutzungen. Diese lassen sich teilweise schon der Kreativwirtschaft zurechnen, es gibt aber auch eine freie Kirchengemeinde, die BRAS und einen Getränkemarkt. Dominiert wird das Gebiet vom Gebäude des ehemaligen Supermarkts, in dem sich jetzt unter anderem eine Bowlingbahn und ein Fitness-Studio befinden. Von der Plantage aus zieht sich das Quartier bis zur Admiralstraße, allerdings ist es bisher nur schlecht erschlossen, so dass keine Wegebeziehungen abseits von Findorff- und Herbststraße bestehen.
Eine Vernetzung mit den Unternehmen in der Medienplantage, dem Filmbüro sowie dem Soulcage Department als direkten Nachbarn aus der Kreativwirschaft ist nicht nur sinnvoll sondern wird auch aktiv angestrebt. Mit der Joke AG, den Nutzern auf dem Gelände rund um Rundfunkmuseum, dem Zucker-Club und dem in Sichtweite befindlichen Güterbahnhof gibt es darüberhinaus weitere Einrichtungen, die für den Standort an der Plantage sprechen Vorteile für alle Seiten versprechen. Weiterhin sollte auch die Unterstützung des Beirats Findorff gewonnen werden, der, ebenso wie das Ressort Wirtschaft und Häfen stark an einer städtebaulichen Neuordnung der Plantage interessiert ist.

Ausblick

Das Ziel des Zwischennutzungsprojekts Bricolage Plantage ist es, die Plantage 9 auch mittelfristig als Ideenplantage zu erhalten und ein ansonsten leerstehendes Gebäude zu erhalten. Jedenfalls bis eine Entscheidung über den langfristigen Status des Gebäudes gefällt wird. Der weitere Betrieb des Gebäudes soll dabei auf die ZwischennutzerInnen übertragen werden. Dies kann in Form eines Vereins geschehen (wie z.b. Verein 23 im ehemaligen Güterbahnhof). In welcher rechtlichen Form, z.B. über einen regulären Gewerbemietvertag, dies geschieht, muss am Ende des Jahres neu ausgehandelt werden. Nach einem Jahr steht in jedem Fall eine genauere Übersicht über die Nebenkosten zu Buche. Zu Finanzierungszwecken steht dem Verein dabei immer auch die Möglichkeit von Veranstaltungen als Einnahmequelle offen. 

Zeitraum der Zwischennutzung

01.07.2010 - 27.04.2012

Kontaktdaten
Plantage 9 e.V.
Plantage 9 Findoff
28215 Bremen
http://www.plantage9.de